GUTACHTERLICHE TÄTIGKEITEN (ASSURANCE)

WAS SIND GUTACHTERLICHE TÄTIGKEITEN?

Im Rahmen von gutachterlichen Tätigkeiten geben Wirtschaftsprüfer*innen ihre fundierte Auffassung zu einem Sachverhalt ab. Diese Auffassung stützen sie auf die ihnen zur Verfügung gestellten Informationen, ihr pflichtgemäßes Ermessen sowie ihre umfassenden Sachkenntnisse. Als Gutachter haben Wirtschaftsprüfer*innen das Gebot der Unparteilichkeit zu beachten. Die Tätigkeit als Gutachter ist zu versagen, sofern sie bei der Erstattung des Gutachtens nicht unbefangen sind oder Besorgnis der Befangenheit besteht.

Mit Assurance verwandte Leistung

Gutachterliche Tätigkeiten münden nicht in einem Prüfungsurteil des Wirtschaftsprüfers. Damit handelt es sich bei dieser Auftragsart nicht um eine Assurance-Dienstleistung, sondern eine hiermit verwandte Leistung.

WELCHE ROLLE NEHMEN WIRTSCHAFTSPRÜFER BEI GUTACHTERLICHEN TÄTIGKEITEN EIN?

Wirtschaftsprüfer*innen können grundsätzlich als neutrale Gutachter oder als Schiedsgutachter tätig werden.

In der Funktion als neutraler Gutachter sind sie als Sachverständige tätig, die mit nachvollziehbarer Methodik und ungeachtet von den individuellen Vorstellungen der jeweiligen Parteien einen Sachverhalt bewerten. Im Fall einer Unternehmensbewertung bedeutet dies z.B., dass ein objektivierter Unternehmenswert ermittelt wird, der individuelle Wertvorstellungen z.B. auf Grund möglicher Synergieeffekte auf der Seite des (potenziellen) Käufers außer Acht lässt.

Als Schiedsgutachter werden Wirtschaftsprüfer in Konfliktsituationen tätig. Ein Beispiel ist die Unternehmensbewertung, bei der unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen der Parteien ein Einigungswert ermittelt wird.

Abgrenzung zu Advisory-Leistungen

Werden Wirtschaftsprüfer als Berater tätig, so fällt dies nicht unter die gutachterlichen Tätigkeiten, da sie in diesen Fällen nicht unparteilich agieren. Solche Aufträge stellen typischerweise Advisory-Leistungen des Wirtschaftsprüfers dar, im Rahmen derer sog. Argumentationspapiere erstellt werden. Ein Beispiel ist die Ermittlung subjektiver Entscheidungswerte im Rahmen von bei Unternehmensbewertungen, also z.B. die Preisobergrenze für einen (potenziellen) Käufer eines Unternehmens.

WIE ERFOLGEN GUTACHTERLICHE TÄTIGKEITEN?

Die Durchführung der jeweiligen gutachterlichen Tätigkeit ist abhängig von der konkreten Aufgabenstellung des Wirtschaftsprüfers. Ihnen gemeinsam ist allerdings eine methodische Vorgehensweise, Diese umfasst

  • die Festlegung der jeweils heranzuziehenden Unterlagen und Informationen,
  • die Planung der Ableitung der Schlussfolgerung aus diesen Informationen,
  • die Einschätzung der Verlässlichkeit der verwendeten Informationen einschließlich Würdigung ihrer Widerspruchsfreiheit oder von Auffälligkeiten und
  • die Bildung einer fundierten Auffassung zur Sachverhaltsinformation auf der Basis der zur Verfügung stehenden Informationen und der Grundlage pflichtgemäßen Ermessens und seiner Sachkenntnisse

Für einige Anlässe gutachterlicher Tätigkeiten durch Wirtschaftsprüfer*innen existieren berufsständische Standards, in denen die Grundsätze ordnungsmäßiger Begutachtung festgehalten sind. Beispiele sind:

  • IDW Standard: Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (IDW S 1 i.d.F. 2008)
  • IDW Standard: Anforderungen an Sanierungskonzepte (IDW S 6)
  • IDW Standard: Grundsätze ordnungsmäßiger Begutachtung der gesetzlichen Verkaufsunterlagen über öffentlich angebotene Vermögensanlagen nach dem Vermögensanlagengesetz (IDW S 14)

WIE WIRD ÜBER GUTACHTERLICHE TÄTIGKEITEN BERICHTET?

Der Wirtschaftsprüfer gibt seine Auffassung zu dem Sachverhalt in einem Gutachten bzw. einer gutachterlichen Stellungnahme wieder.

Gutachten sollen die Adressaten in die Lage versetzen, die Ergebnisfindung des Wirtschaftsprüfers nachzuvollziehen. Der Wirtschaftsprüfer legt daher in ihnen ­– zwar nicht im Detail, aber in allen wesentlichen Gesichtspunkten – seine Methoden, getroffenen Annahmen, Grundsatzüberlegungen und Schlussfolgerungen zu dem begutachteten Sachverhalt dar.

Gutachten umfassen üblicherweise folgende Bestandteile:

  • Angaben zu wesentlichen Inhalten des Auftrags (Auftraggeber, Auftragsgegenstand, ggf. Stichtag)
  • Herangezogene Unterlagen, erteilte Auskünfte bzw. anderweitig vorgenommene Untersuchungen des Wirtschaftsprüfers
  • Benennung der für die Schlussfolgerung erwogenen wesentlichen Gesichtspunkte und Würdigungen
  • Schlussfolgerung des Wirtschaftsprüfers einschließlich Begründung
  • Klarstellung, dass kein Prüfungsurteil abgegeben wird
  • Ort, Datum, Unterschrift

Gutachterliche Stellungnahmen können sich im Gegensatz zu Gutachten auch auf die Kernpunkte der Beurteilung konzentrieren und müssen Befund und Zustandekommen der Ergebnisse nicht im Detail dokumentieren.

WANN SIND GUTACHTERLICHE TÄTIGKEITEN SINNVOLL?

Gutachterliche Tätigkeiten haben zum Ziel, den Empfänger der Berichterstattung in die Lage zu versetzen, sich eine fundierte Meinung zu dem beurteilten Sachverhalt zu bilden. Die Anlässe für gutachterliche Stellungnahmen sind vielfältig. Häufige Beispiele aus der Praxis sind:

  • Wertgutachten, z.B.
    • zur Unternehmensbewertung, z.B. für Zwecke der Bilanzierung, im Rahmen von (geplanten) Unternehmensverkäufen/-käufen oder zur Ermittlung von Besteuerungsgrundlagen
    • zur Immobilienbewertung, z.B. für Zwecke der Bilanzierung oder zur Ermittlung von Besteuerungsgrundlagen (z.B. Erbschaft- und Schenkungsteuer)
    • zur Bewertung von Altersversorgungsverpflichtungen für Zwecke der Bilanzierung
  • Betriebswirtschaftliche und steuerrechtliche Gutachten im Rahmen von Due-Diligence-Aufträgen
  • Gutachten rund um die Themen Insolvenz und Sanierung von Unternehmen, z.B. Stellungnahmen zum Vorliegen von Insolvenzeröffnungsgründen, zu Insolvenzplänen oder Sanierungskonzepten