BERUF UND AUSBILDUNG DER WIRTSCHAFTSPRÜFER

Berufsbild und Tätigkeitsbereiche

Es ist die Vielfalt, die den Beruf des Wirtschaftsprüfers (WP) so interessant macht: Sein Tätigkeitsfeld reicht von der klassischen Abschlussprüfung und Steuerberatung bis hin zur Aufdeckung bestimmter doloser Handlungen (Fraud). Hierfür sind fundierte Kenntnisse in nahezu allen wirtschaftlichen Bereichen erforderlich. Daher gilt das Wirtschaftsprüfer-Examen als eines der schwierigsten Examina in Deutschland. Wer sich für den krisenfesten Beruf des Wirtschaftsprüfers interessiert, sollte sich keinesfalls vom Examen abschrecken lassen: Mit etwas Durchhaltevermögen und einer Portion Leidenschaft kann auch diese Hürde genommen werden.

Die Zeiten, in denen der WP in einem Kellerbüro Aktenordner wälzt und Zahlen miteinander vergleicht, sind – wenn es sie denn je gegeben hat – längst vorbei. Der heutige WP ist mehr Projektmanager mit ausgeprägten analytischen Fähigkeiten: Er braucht eine gute Auffassungsgabe, fachliche Expertise, organisatorisches Geschick, IT-Affinität und gesunden Menschenverstand. Darüber hinaus muss er kommunikativ, vertrauenswürdig und neugierig sein.

Der Wirtschaftsprüferberuf ist ein sog. „freier Beruf“: Als WP tätig werden darf nur, wer als solcher öffentlich bestellt wurde. Grundsätzlich dürfen nur WP gesetzliche Abschlussprüfungen durchführen. Auftraggeber profitieren von der Vielfalt methodischer und fachlicher Kenntnisse, die WP aus ihren Tätigkeiten als Prüfer und Berater mitbringen. Zum Leistungsangebot des WP gehören im Wesentlichen folgende Arbeitsgebiete – jeweils mit der Möglichkeit, individuelle Tätigkeitsschwerpunkte zu setzen:

Das Leistungsangebot der WP

Audit

Das Kerngeschäft von Wirtschaftsprüfer*innen ist die Durchführung von gesetzlichen Abschlussprüfungen. Diese Aufgabe ist grundsätzlich allein dem Berufsstand vorbehalten und prägt maßgeblich dessen öffentliche Wahrnehmung.

Assurance

Zum Tätigkeitsfeld von Wirtschaftsprüfer*innen gehören auch andere, sog. „betriebswirtschaftliche Prüfungen“ und damit verwandte Leistungen wie z.B. Beurteilung von Finanzaufstellungen oder Prüfung von Abschlüssen für spezielle Zwecke.

Tax & Legal

Nicht nur Steuerberater geben Auskunft zu Steuerthemen. Wirtschaftsprüfer*innen sind dazu genauso befugt. Auch dürfen sie Rechtsberatung zu den Themen geben, mit denen sie beruflich befasst sind.

Advisory

Durch ihre breite Ausbildung und der Erfahrung aus ihrer Prüfungstätigkeit bei verschiedenen Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen sind Wirtschaftsprüfer*innen gefragte Berater*innen für mannigfaltige betriebswirtschaftliche Themen.

k

Das Wirtschaftsprüferexamen

Die Bestellung zum WP setzt voraus, dass zuvor das Berufsexamen mit Erfolg abgelegt worden ist (§ 15 WPO, Wirtschaftsprüferordnung). Im Berufsexamen haben die Bewerber nachzuweisen, dass sie über die für die Berufsausübung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.

Zulassungsvoraussetzungen

Die Wirtschaftsprüferordnung der Wirtschaftsprüfungskammer (WPK) verlangt für die Zulassung zur Prüfung grundsätzlich ein abgeschlossenes Hochschulstudium sowie den Nachweis über bestimmte berufliche Tätigkeiten. Daneben gibt es Möglichkeiten des Berufszugangs ohne Hochschulausbildung, die in der Praxis aber von untergeordneter Bedeutung sind. Derzeit haben 94,2 % der WP ein Hochschulstudium abgeschlossen. Sie verteilen sich auf folgende Ausbildungsbereiche:

%

Betriebs-wirtschaft

%

Jura

%

Volkswirtschaft

%

Sonstige Studiengänge*

%

Ohne Studienabschluss

k

Quelle: WPK (Stand: 01.01.2022)

* Unter den sonstigen Studiengängen sind u.a. landwirtschaftliche, naturwissenschaftliche und IT-Studiengänge vertreten.

Berufszugang für Hochschulabsolventen

Anknüpfend an die Regelstudienzeit wird eine mind. dreijährige praktische Berufserfahrung in der Wirtschaftsprüfung verlangt. Beträgt die Regelstudienzeit der Hochschulausbildung weniger als acht Semester, verlängert sich die Tätigkeit auf vier Jahre. Diese Regelung betrifft insbesondere Hochschulabsolventen mit einem Bachelorabschluss. Um das WP-Examen vollständig ablegen zu können, muss der Bewerber nach Abschluss des Studiums praktische Berufserfahrung bei einem WP, einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (WPG) oder einer sonstigen Prüfungseinrichtung erhalten haben.

Z

Prüfungsgebiete

Die schriftliche Prüfung besteht aus insgesamt sieben Klausuren, die jeweils vier bis sechs Stunden dauern. Diese Klausuren betreffen die folgenden Prüfungsgebiete:

  • Wirtschaftliches Prüfungswesen, Unternehmensbewertung und Berufsrecht (2 Klausuren)

  • Angewandte Betriebswirtschaftslehre/Volkswirtschaftslehre (2 Klausuren)

  • Wirtschaftsrecht (1 Klausur)

  • Steuerrecht (2 Klausuren)

Eine verkürzte Prüfung können auf Antrag ablegen:

  • Absolventen von Studiengängen, die zur Ausbildung von WP besonders geeignet sind (§ 8a WPO) und Bewerber, die im Rahmen einer Hochschulausbildung gleichwertige Prüfungsleistungen erbracht haben (§ 13b WPO).

Steuerberater und Bewerber, die die Steuerberaterprüfung bestanden haben (hier entfällt das Prüfungsgebiet Steuerrecht, § 13 WPO).

Prüfungsablauf

Das WP-Examen wird bundeseinheitlich durchgeführt. Die Prüfungsgebiete (Module) können über einen Zeitraum von längstens sechs Jahren gestreckt und vom Kandidaten individuell verteilt werden. So wird das WP-Examen kalkulierbarer und es ist möglich, das Examen auf die individuelle Lebensplanung (Elternzeiten, Auslandseinsätze etc.) abzustimmen. Jede Modulprüfung besteht dabei aus einer schriftlichen und einer mündlichen Prüfung. Die Prüfung ist bestanden, wenn alle abzulegenden Module bestanden sind. Jedes Modul kann innerhalb des Sechs-Jahres-Prüfungszeitraums zweimal wiederholt werden. Die Prüfung ist nicht bestanden, wenn der Sechs-Jahres-Zeitraum entweder abgelaufen ist, ohne dass alle Module bestanden sind, oder ein Prüfungsgebiet auch im dritten Versuch nicht bestanden wurde. Dann kann die gesamte Prüfung einmal wiederholt werden.

A

Zugangswege nach § 8a und § 13b WPO

Prüfungsleistungen aus einem Hochschulstudium können auf das WP-Examen angerechnet werden, wenn sie gleichwertig sind. Dies ist in § 8a WPO (anerkannte Hochschulausbildungsgänge) und in § 13b WPO (Anrechnung gleichwertiger Prüfungsleistungen) vorgesehen.

§8a WPO gibt Hochschulen die Möglichkeit, Studiengänge einzurichten, die zur Ausbildung von WP als besonders geeignet anerkannt werden können. Nach Absolvierung eines (betriebswirtschaftlichen) Bachelor- Studiums erfolgt in einem Masterstudium – i.d.R. berufsbegleitend – eine Spezialisierung auf die für die Berufsausübung wichtigen Gebiete. Der Zugang zum Masterstudium setzt eine mind. sechsmonatige Berufspraxis in der Wirtschaftsprüfung und das Bestehen einer Aufnahmeprüfung an der Hochschule voraus. Der erfolgreiche Abschluss des Masterstudiums berechtigt zu einer Befreiung von den Prüfungsgebieten Angewandte Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftsrecht. Das WP-Examen verkürzt sich damit auf vier Klausuren in den übrigen Prüfungsgebieten.

Die Zulassung zum Berufsexamen kann bei einem § 8a-Studiengang ohne Nachweis von Berufspraxis unmittelbar nach dem Abschluss des Masterstudiums erfolgen. Eine Prüfungstätigkeit von mind. drei Jahren muss erst für die Bestellung zum WP nachgewiesen werden. Der Masterstudiengang erlaubt durch eine frühzeitige berufliche Orientierung und Spezialisierung eine straffe Ausbildung und bietet eine zielgerichtete Vorbereitung auf das Berufsexamen.

Nach § 13b WPO werden bestimmte berufsspezifische Studienleistungen auf das WP-Examen angerechnet, die z.B in einem Diplomstudium, einem Bachelor- oder Masterstudiengang absolviert wurden. Eine Befreiung kann für die Prüfungsgebiete Angewandte Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre und/oder Wirtschaftsrecht erfolgen. Keine Besonderheiten umfasst der Studiengang nach § 13b WPO bei der Zulassung zum Berufsexamen: Diese setzt den Nachweis einer mind. dreijährigen Prüfungstätigkeit voraus.

Bestellung und Vereidigung

Nach bestandener Prüfung wird der Bewerber auf Antrag von der WPK als WP bestellt. Zuvor muss er den Berufseid vor der WPK leisten. Das berechtigt ihn, die Berufsbezeichnung „Wirtschaftsprüfer“ bzw. „Wirtschaftsprüferin“ zu führen.

Vorbereitung auf das Wirtschaftsprüferexamen

Für die Vorbereitung auf das schriftliche WP-Examen empfiehlt sich für einen ersten Überblick das Angebot der WPK (wpk.de), die eine Übersicht über Anbietern von Vorbereitungslehrgängen zusammengestellt hat. Die Konzeptionen der einzelnen Anbieter von Prüfungsvorbereitungskursen basieren auf Präsenzkursen, Fernlehrgängen oder Klausurenkursen, aber auch aus Kombinationen bzw. gemischten Kursen. Zudem kann es sinnvoll sein, sich einer Gruppe von Gleichgesinnten anzuschließen (z. B. in einer Lerngruppe, Arbeitsgemeinschaft o. Ä.), um den Weg der Prüfungsvorbereitung gemeinsam gehen zu können. Der dabei i.d.R. entstehende gruppendynamische Prozess – vom oftmals unerlässlichen Gruppendruck bis hin zur Re-Motivation einzelner Gruppenmitglieder – kann als hilfreiche psychische Unterstützung in der Vorbereitungsphase gesehen werden.