RESTRUKTURIERUNG UND SANIERUNG (ADVISORY)

Neben betriebswirtschaftlichen Prüfungen und verwandten Leistungen sowie der Steuer- und Rechtsberatung unterstützen Wirtschaftsprüfer*innen ihre Mandanten auch als Berater*innen bei vielen betriebswirtschaftlichen Fragestellungen. Das Leistungsangebot zeichnet sich durch eine dynamische Weiterentwicklung sowie durch eine zunehmende Differenzierung und Erweiterung aus. Es umfasst nicht nur die operative, sondern zunehmend auch die strategische Beratung bis hin zur Umsetzung der Strategie

Im Themenkreis Restrukturierung, Sanierung und Insolvenz ist das Fachwissen und die Kompetenz von Wirtschaftsprüfer*innen gefragt. Nicht oder zu spät erkannte Krisen können für Unternehmen existenzbedrohend sein. Das Nichterkennen von Insolvenzeröffnungsgründen birgt zudem für die gesetzlichen Vertreter haftungs- und strafrechtliche Konsequenzen.

Das Thema hat zuletzt durch die Corona-Pandemie und den Ukraine-Krieg massiv an Bedeutung gewonnen: Die wirtschaftlichen Folgen werden noch jahrelang spürbar sein und viele Unternehmen müssen umfangreiche Anpassungsmaßnahmen an die veränderten Rahmenbedingungen ergreifen.

UNTERNEHMENSKRISE UND INSOLVENZ

Ein Unternehmen befindet sich in einer Krise, wenn seine Betriebsfähigkeit oder Stabilität gefährdet ist. Eine akute Form der Unternehmenskrise liegt vor, wenn das Unternehmen insolvent ist oder eine Insolvenz droht.

Die Insolvenzordnung kennt drei Insolvenzeröffnungsgründe:

  • Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner nicht mehr in der Lage ist, die fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen.
  • Wenn der Schuldner aktuell ausreichend Liquidität vorweisen kann, in den nächsten 24 Monaten aber eine Liquiditätslücke entsteht, liegt eine drohende Zahlungsunfähigkeit vor.
  • Entsteht die Liquiditätslücke bereits in den nächsten 12 Monaten und ist zusätzlich das Reinvermögen des Schuldners negativ, liegt zusätzlich Überschuldung vor.

Juristische Personen (z.B. GmbH und AG) und ihnen gleichgestellte Unternehmen (z.B. GmbH & Co. KG) müssen bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern beantragen. Bei der drohenden Zahlungsunfähigkeit besteht ein Insolvenzantragsrecht.

Um Hinweise auf eine Insolvenzgefahr frühzeitig erkennen zu können, müssen sich die gesetzlichen Vertreter fortlaufend über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens informieren. Die gesetzlichen Vertreter müssen den Nachweis dafür erbringen können, dass sie die wirtschaftliche Entwicklung ihres Unternehmens jederzeit überblicken, die (integrierte) Unternehmensplanung aufgrund plausibler Annahmen erstellt haben, und dass das Unternehmen auch in der Lage ist, die Planannahmen entsprechend umzusetzen. Andernfalls kann den Verantwortlichen Haftung und Strafe wegen Insolvenzverschleppung drohen.

SANIERUNG UND RESTRUKTURIERUNG

Sanierung meint die Gesamtheit der Maßnahmen zur Beseitigung einer Unternehmenskrise. Dies setzt das Überwinden der Insolvenzeröffnungsgründe voraus (Fortführungsfähigkeit). Zudem muss die langfristige Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens wiederhergestellt werden. Die Sanierungsfähigkeit eines Unternehmens kann mit einem Sanierungskonzept nach dem IDW Standard: „Anforderungen an Sanierungskonzepte“ (IDW S 6) verdeutlicht werden. Dieses Konzept ist oft eine zentrale Voraussetzung, damit z.B. Kapitalgeber investiert bleiben oder Gläubiger zu Sanierungsmaßnahmen (z.B. teilweiser Forderungsverzicht, Stundung etc.) bereit sind.

Unter Restrukturierung versteht man die ganzheitliche Neuausrichtung eines Unternehmens.

Die Begriffe Sanierung und Restrukturierung werden häufig synonym genutzt. Sie unterscheiden sich aber dadurch, dass sich Sanierung immer auf Unternehmen, die sich in einer Krise befinden, bezieht (heilende Funktion). Eine Restrukturierung kann dagegen auch in gesunden Unternehmen durchgeführt werden und damit eine präventive Wirkung im Hinblick auf Unternehmenskrisen entfalten.

KRISENURSACHEN UND KRISENSTADIUM

Für die Ableitung wirksamer Sanierungsmaßnahmen und eine nachhaltige Überwindung der Unternehmenskrise ist es wichtig, zunächst Krisenstadium und Krisenursachen zu identifizieren.

Eine Unternehmenskrise kann auf verschiedene Faktoren zurückzuführen sein, wobei zwischen endogenen und exogenen Krisenursachen unterschieden werden kann:

  • Endogene Krisenursachen gehen vom Unternehmen selbst aus, z.B. aus einem nicht markgerechten Geschäftsmodell oder ineffizienten Produktionsprozessen, und sind dem Grunde nach vom Unternehmen beeinflussbar.
  • Exogene Krisenursachen ergeben sich aus dem Umfeld des Unternehmens, z.B. aus seiner Branche, seinen Wettbewerbern oder auch aus weltweiten Bedrohungen wie Pandemien oder militärischen Auseinandersetzungen. Sie liegen außerhalb des Unternehmens und sind daher grundsätzlich nicht durch das einzelne Unternehmen beeinflussbar.

Unternehmenskrisen verlaufen regelmäßig in verschiedenen Stadien. Hierbei sind die Stakeholder-, Strategie-, Produkt- und Absatzkrise, Erfolgs- und die Liquiditätskrise sowie die Insolvenzreife zu differenzieren. Im Regelfall ist zu beobachten, dass sich Krisenstadien nicht unabhängig voneinander, sondern aufeinander aufbauend entwickeln, auch wenn dabei nicht alle Stadien zwingend durchlaufen werden müssen. Manche Stadien treten nicht auf, andere parallel oder sich überlappend. Daher sollte stets nicht nur eine aktuell vorliegende Krise, sondern auch die vorgelagerten Krisenstadien und deren Ursachen analysiert werden.

WIE KÖNNEN WIRTSCHAFTSPRÜFER UNTERSTÜTZEN?

Leistungen von Wirtschaftsprüfer*innen bei Unternehmenskrisen umfassen z.B. folgende Tätigkeiten:

Erstellung oder Begutachtung einer Unternehmensplanung
Um Risiken frühzeitig zu erkennen und einer Krisensituation entgegenzuwirken, ist eine (integrierte) Unternehmensplanung unerlässlich. Eine plausible Planung kann zudem Haftungsrisiken der Gesellschaftsorgane vorbeugen und die Chancen am Kapitalmarkt verbessern. Wirtschaftsprüfer*innen können ihre Mandanten bei der Erstellung einer Planung unterstützen.

Ermittlung von Insolvenzantragsgründen
Die von den gesetzlichen Vertretern eines Unternehmens vorzunehmende Einschätzung, ob Insolvenzantragsgründe vorliegen, kann komplex sein. Wirtschaftsprüfer*innen können gem. dem IDW Standard: „Beurteilung des Vorliegens von Insolvenzeröffnungsgründen“ (IDW S 11) gutachterlich dazu Stellung nehmen, ob Insolvenzantragsgründe vorliegen.

Erstellung von Insolvenzplänen
Wenn sich ein Unternehmen in der Insolvenz befindet, sieht der Gesetzgeber die zügige Verwertung vor. Oft wird die Insolvenz eines Unternehmens mit dessen Zerschlagung gleichgesetzt. In vielen Fällen kann es für die Gläubiger aber sinnvoll sein, das Unternehmen im Rahmen eines Insolvenzverfahrens zu sanieren. Dies kann insb. mit einem sog. Insolvenzplan nach dem IDW Standard: „Anforderungen an Insolvenzpläne“ (IDW S 2) erfolgen. Da der Insolvenzplan neben umfänglichen juristischen Beschreibungen auch ein Sanierungskonzept umfasst, sind auch hier Wirtschaftsprüfer*innen mit der Erstellung des Insolvenzplans oder Teilen davon (insb. des betriebswirtschaftlichen Teils) befasst.

Tätigkeit als Insolvenzverwalter oder Unterstützung bei der Eigenverwaltung
(Vorläufige) Insolvenzverfahren erfordern sowohl juristische als auch betriebswirtschaftliche Expertise. Diese multidisziplinäre Arbeitsweise ist zentraler Bestandteil der Aus- und Fortbildung von Wirtschaftsprüfer*innen. Neben der zuvor genannten Tätigkeit können sie daher auch als Insolvenzverwalter oder Sachwalter tätig werden.