AUDIT (ABSCHLUSSPRÜFUNG)

Das Kerngeschäft von Wirtschaftsprüfern ist die Durchführung von gesetzlichen Abschlussprüfungen. Diese Aufgabe ist dem Berufsstand vorbehalten und im Kern des Berufsbilds verankert. Diese zentrale Aufgabe prägt auch maßgeblich die öffentliche Wahrnehmung von Wirtschaftsprüfern.

In Deutschland werden jährlich ca. 45.000 Abschlussprüfungen erfolgreich durchgeführt, ohne dass die breite Öffentlichkeit davon Notiz nimmt. Wenn allerdings Unternehmen insolvent gehen oder größere öffentlichkeitswirksame Finanzskandale publik werden, wird regelmäßig die Rolle der Abschlussprüfer kritisch hinterfragt. Was aber ist eigentlich die Rolle des Abschlussprüfers? Wie passen uneingeschränkte Bestätigungsvermerke zu Abschlüssen von unwirtschaftlichen oder (später) insolventen Unternehmen? Wie kann es sein, dass geprüfte Abschlüsse dennoch wesentliche Fehler aufweisen können? Um diese Fragen beantworten zu können, muss man sich mit dem gesetzlichen Auftrag des Abschlussprüfers beschäftigen.

Warum werden Abschlussprüfungen durchgeführt?

Durch die Abschlussprüfung wird die Verlässlichkeit der in Abschluss und Lagebericht enthaltenen Informationen und deren Glaubhaftigkeit erhöht.

Durch die Erhöhung des Vertrauens in die Abschlüsse leisten Abschlussprüfer einen bedeutenden Beitrag zum Funktionieren der Kapitalmärkte für alle Unternehmen. Abschlussadressaten müssen sich aber auch den Grenzen der Aussagefähigkeit eines Abschlusses und Lageberichts sowie der Erkenntnismöglichkeiten einer Abschlussprüfung – wie sie nachfolgend beschrieben werden – bewusst sein.

Wann erfolgt eine Abschlussprüfung?

Abschlussprüfungen ergeben sich aus gesetzlichen Vorschriften (Pflichtprüfungen), können aber auch freiwillig erfolgen (freiwillige Prüfungen). Einer gesetzlichen Prüfungspflicht unterliegen grundsätzlich:

  • alle Kapitalgesellschaften und denen gleichgestellte haftungsbeschränkte Personengesellschaften, die bestimmte Größenkriterien überschreiten,
  • besonders große Unternehmen in anderen Rechtsformen (gemäß dem Publizitätsgesetz – PublG),
  • Unternehmen von öffentlichem Interesse, d.h. kapitalmarktorientierte Unternehmen sowie Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen (Public Interest Entities – PIEs).

Wer führt die Abschlussprüfung durch?

Der Beruf des Wirtschaftsprüfers wurde in Deutschland im Jahr 1931 angesichts der damaligen Weltwirtschaftskrise und der Auferlegung einer Prüfungspflicht für Jahresabschlüsse bestimmter Unternehmen geschaffen. Die Durchführung von Pflichtprüfungen ist grundsätzlich dem Berufsstand der Wirtschaftsprüfer*innen vorbehalten (Vorbehaltsaufgabe).

Die Erteilung des Prüfungsauftrags erfolgt durch das zu prüfende Unternehmen: Bei PIEs sind aber die Aufsichtsorgane eines Unternehmens mit der Auswahl des Abschlussprüfers betraut. Den Auftrag darf der Abschlussprüfer nur annehmen, wenn er unabhängig von dem zu prüfenden Unternehmen ist bzw. keine Besorgnis der Befangenheit besteht und er über die notwendigen fachlichen, zeitlichen und personellen Ressourcen verfügt.

Was sind Gegenstand und Ziel der Abschlussprüfung?

Gegenstand und Umfang der Abschlussprüfung leiten sich aus den gesetzlichen Vorschriften des Handelsgesetzbuchs (HGB) ab. Gegenstand von gesetzlichen Abschlussprüfungen sind Abschluss sowie Lagebericht. Der Abschluss besteht mindestens aus folgenden Bestandteilen:

  • Bilanz (Aufstellung aller Vermögensbestandteile und Schulden des Unternehmens; als Saldogröße ergibt sich das Eigenkapital)
  • Gewinn- und Verlustrechnung (Ermittlung des Jahreserfolgs durch Gegenüberstellung von Erträgen und Aufwendungen)
  • Anhang (Erläuterungen und weitere Angaben, z.B. zu den Restlaufzeiten von Verbindlichkeiten)

Der Gegenstand von Abschlussprüfungen kann auf Grund branchenspezifischer oder anderer Gegebenheiten erweitert sein und auch die Beurteilung von Sachverhalten oder Informationen außerhalb von Abschluss und Lagebericht einschließen (bspw. die Prüfung des Risikofrüherkennungssystems bei börsennotierten Aktiengesellschaften).

Ziel einer Abschlussprüfung ist es, ein Prüfungsurteil mit hinreichender Sicherheit abzugeben, ob der Abschluss in allen wesentlichen Belangen in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften und ggf. sie ergänzende Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags oder der Satzung aufgestellt worden ist (Gesetzesmäßigkeitsprüfung). Der Abschlussprüfer richtet daher seine Abschlussprüfung nicht darauf aus, alle Fehler aufzudecken, sondern nur solche, die wesentlich sind. Dies muss ihm mit hinreichender Sicherheit gelingen.

Hinreichende Sicherheit ist zwar ein hoher Grad an Sicherheit, aber kein absoluter. Ein absoluter Grad an Sicherheit ist wegen der inhärenten Grenzen einer Abschlussprüfung nicht erzielbar. Ein Grund hierfür ist z.B., dass Prüfungsnachweise oft eher überzeugend als zwingend sind. Der Abschlussprüfer hat zwar das Risiko zu berücksichtigen, dass ihm absichtlich falsche oder keine vollständigen Informationen vorgelegt werden; ihm sind aber mangels besonderer gesetzlicher Befugnisse bei der Erlangung von Prüfungsnachweisen praktische und gesetzliche Grenzen gesetzt.

Wesentliche Fehler liegen vor, wenn erwartet wird, dass sie einzeln oder in der Summe die wirtschaftlichen Entscheidungen der Adressaten der Rechnungslegung beeinflussen. Da sich das Prüfungsurteil des Abschlussprüfers auf den Abschluss als Ganzes bezieht, ist er nicht verpflichtet, Fehler aufzudecken, die für den Abschluss als Ganzes als nicht wesentlich erachtet werden.

Was ist nicht Ziel und Gegenstand der Abschlussprüfung?

Das, was viele für die Aufgabe des Abschlussprüfers halten, ist oft gar nicht Bestandteil der Abschlussprüfung; Stichwort: „Erwartungslücke“. Ausdrücklich nicht Gegenstand von Abschlussprüfungen sind:

  • die Zusicherung des Fortbestandes des Unternehmens,
  • die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Geschäftsführung sowie
  • die gezielte Aufdeckung von Vermögensschädigungen oder Betrug.

Für die Erteilung eines Bestätigungsvermerks nach einer Abschlussprüfung ist daher nicht entscheidend, ob sich das geprüfte Unternehmen wirtschaftlich positiv entwickelt. Aus einer wirtschaftlichen Schieflage des Unternehmens oder auch einer möglichen Insolvenz kann daher auch nicht auf eine nicht ordnungsgemäß durchgeführte Abschlussprüfung geschlossen werden.

Wie erfolgt eine Abschlussprüfung?

Die im HGB enthaltenen Regelungen legen den grundsätzlichen Ansatz der Prüfung fest, enthalten jedoch keine Bestimmungen über die Planung und Durchführung der Prüfung. Damit liegen Art und Umfang der Prüfungsdurchführung im Einzelfall im pflichtgemäßen Ermessen des Abschlussprüfers.

Abschlussprüfungen erfolgen nach dem Konzept des sog. risikoorientierten Prüfungsansatzes, welcher wie folgt skizziert werden kann:

  • Identifizierung und Beurteilung von Risiken wesentlicher falscher Darstellungen in Abschluss und Lagebericht;
  • Planung und Umsetzung geeigneter Prüfungshandlungen als Reaktion auf die beurteilten Risiken und Einholung ausreichender und geeigneter Prüfungsnachweise, um das Prüfungsrisiko auf ein vertretbar niedriges Maß zu begrenzen;
  • Bildung eines Prüfungsurteilsurteils auf der Grundlage von Schlussfolgerungen aus den erlangten Prüfungsnachweisen.

Dabei sind Abschlussprüfungen stets mit einer kritischen Grundhaltung zu planen und durchzuführen. Hierzu gehört bspw., dass Prüfungsnachweise kritisch zu beurteilen sind und widersprüchlichen Nachweisen nachzugehen ist.

Wie wird über eine Abschlussprüfung berichtet?

Der Abschlussprüfer hat das Ergebnis der Prüfung schriftlich in einem Bestätigungsvermerk zusammenzufassen. Der Bestätigungsvermerk einer Pflichtprüfung wird zusammen mit dem Abschluss und ggf. (Konzern-)Lagebericht im Unternehmensregister für alle einsehbar offengelegt. In Abhängigkeit des Ergebnisses der Abschlussprüfung können folgende Fallgruppen von Prüfungsurteilen unterschieden werden:

  • Uneingeschränkter Bestätigungsvermerk
  • Eingeschränkter Bestätigungsvermerk (weist auf wesentliche Fehler oder Prüfungshemmnisse hin, die sich aber nicht umfassend auf den Abschluss oder Lagebericht auswirken)
    – aufgrund von Einwendungen
    – aufgrund von Prüfungshemmnissen
  • Versagungsvermerk (versagter Bestätigungsvermerk)
    – aufgrund von Einwendungen
    – aufgrund von Prüfungshemmnissen

Stellt der Abschlussprüfer bei seiner Prüfung Risiken fest, die den Fortbestand des geprüften Unternehmens gefährden, ist auf diese im Bestätigungsvermerk gesondert einzugehen.

Daneben umfasst die Berichterstattung des Abschlussprüfers einen an die Auftraggeber, oftmals die Aufsichtsorgane, des zu prüfenden Unternehmens gerichteten und somit vertraulichen Prüfungsbericht. In diesem ist vorweg zu der Beurteilung der Lage des Unternehmens durch die gesetzlichen Vertreter Stellung zu nehmen sowie im Rahmen der Redepflicht des Abschlussprüfers über etwaig festgestellte Fehler in der Rechnungslegung sowie entwicklungs- bzw. bestandsgefährdende Risiken zu berichten. Ob und welche Konsequenzen daraus gezogen werden, obliegt den Aufsichtsorganen. Daneben umfasst der Prüfungsbericht Ausführungen zu Prüfungsart, -umfang und -ergebnis.