ASSURANCE: ERSTELLUNG VON JAHRESABSCHLÜSSEN

WAS SIND ERSTELLUNGSAUFTRÄGE?

Wirtschaftsprüfer*innen werden aufgrund ihrer umfassenden Kenntnisse auf dem Gebiet der Rechnungslegung und Prüfung häufig mit der Erstellung von Jahresabschlüssen beauftragt. Je nach konkreter Ausgestaltung des Auftrags kann es sich dabei um eine reine Erstellungstätigkeit ohne eine Beurteilung durch den Wirtschaftsprüfer oder um eine Erstellung kombiniert mit umfassenden Beurteilungen handeln. Die folgenden Ausführungen zur Erstellung von Jahresabschlüssen gelten analog für die Erstellung von Konzern- oder Zwischenabschlüssen durch Wirtschaftsprüfer*innen.

WAS UMFASST EIN AUFTRAG ZUR ERSTELLUNG VON JAHRESABSCHLÜSSEN UND WAS NICHT?

Aufträge zur Erstellung eines Jahresabschlusses umfassen in jedem Fall die Entwicklung der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung sowie erforderlichenfalls die Anfertigung des zugehörigen Anhangs und weiterer Abschlussbestandteile (z.B. Kapitalflussrechnung oder Eigenkapitalspiegel) auf Grundlage der Buchführung und des Inventars sowie der Vorgaben zu den anzuwendenden Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden. Je nach Auftragsart (siehe nächste Frage) umfasst der Auftrag zusätzlich auch eine Beurteilung der für Zwecke der Jahresabschlusserstellung vorgelegten Unterlagen. 

Der Wirtschaftsprüfer hat den Auftraggeber über Sachverhalte, die zu Wahlrechten im Jahresabschluss führen, in Kenntnis zu setzen (bspw. handelsrechtliches Aktivierungswahlrecht für selbsterstellte immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens). Entscheidungsvorgaben zur Ausübung von Wahlrechten und bedeutsamen Ermessensspielräumen sind einzuholen. Eine darüberhinausgehende Beratung in bilanzpolitischen Fragen findet im Rahmen von Erstellungsaufträgen nicht statt, kann aber als Advisory-Leistung gesondert vereinbart werden.

Der Wirtschaftsprüfer darf nicht an erkannten unzulässigen Wertansätzen und Darstellungen im Jahresabschluss mitwirken. Er darf also z.B. die Bewertung der Vermögensgegenstände und Schulden des Unternehmens nicht unter dem Rechnungslegungsgrundsatz der Unternehmensfortführung (Going-Concern-Prämisse) vornehmen, wenn dieser Annahme tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten offensichtlich entgegenstehen.

Ein etwaig aufzustellender Lagebericht zählt nicht zu den Bestandteilen des Jahresabschlusses, sondern stellt ein separates Berichtsinstrument dar. Die Erstellung des Lageberichts ist originäre Aufgabe der gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft. Eine Erstellung des Lageberichts durch den Wirtschaftsprüfer ist daher nicht zulässig. Hier kann der Wirtschaftsprüfer – in Ergänzung zum Erstellungsauftrag – lediglich in Form von Advisory-Leistungen beratend unterstützen.

WIE ERFOLGT DIE ERSTELLUNG VON JAHRESABSCHLÜSSEN?

Da für Erstellungsaufträge keine gesetzlichen Vorgaben zum Auftragsumfang existieren, ist dieser frei zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer vereinbar. Die vorzunehmenden Tätigkeiten werden zwischen Wirtschaftsprüfer und Mandanten festgelegt und in einem Auftragsbestätigungsschreiben festgehalten. Dabei ist insbesondere festzuhalten, auf welcher Grundlage und nach welcher Maßgabe (z.B. Handels- oder Steuerrecht, ergänzende Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags) der Jahresabschluss zu erstellen ist.

Nach dem Ausmaß, in welchem der Wirtschaftsprüfer die ihm im Rahmen seiner Erstellungstätigkeit vorgelegten Unterlagen des Unternehmens beurteilt, lassen sich drei Auftragsarten unterscheiden:

Auftragsart 1 stellt den Mindestumfang einer Jahresabschlusserstellung dar. Der Wirtschaftsprüfer entwickelt dabei den Jahresabschluss entsprechend den gesetzlichen Vorgaben aus den ihm vorgelegten Belegen, Büchern und Bestandsnachweisen und unter Berücksichtigung der erteilten Auskünfte. Bestehende Wahlrechte und Ermessensspielräume werden nach den Anweisungen des Auftraggebers ausgeübt. Der Wirtschaftsprüfer gibt keine Beurteilungen zu den vorgelegten Unterlagen ab.

Neben der eigentlichen Erstellungstätigkeit erfolgt bei der Auftragsart 2 eine Plausibilisierung der vorgelegten Belege, Bücher und Bestandsnachweise. Der Wirtschaftsprüfer nimmt hierzu Befragungen und analytische Beurteilungen vor, um mit einer gewissen Sicherheit ausschließen zu können, dass diese Unterlagen nicht ordnungsgemäß sind.

Bei einem Erstellungsauftrag der Auftragsart 3 hat sich der Wirtschaftsprüfer neben der eigentlichen Erstellungstätigkeit mit hinreichender Sicherheit von der Ordnungsmäßigkeit der ihm vorgelegten Belege, Bücher und Bestandsnachweise zu überzeugen.

WIE WIRD ÜBER DIE ERSTELLUNG VON JAHRESABSCHLÜSSEN BERICHTET?

Bescheinigung

Die Erteilung einer Bescheinigung ist nach den Berufsgrundsätzen Pflichtbestandteil der Berichterstattung. Eine bloße Unterzeichnung, Siegelung oder Wiedergabe des vom Wirtschaftsprüfer erstellten Jahresabschlusses auf einem Bogen mit dem Briefkopf des Wirtschaftsprüfers ist nicht zulässig. Die Bescheinigung ist als „Bescheinigung über die Erstellung“ zu bezeichnen, um sie von der Durchführung einer Abschlussprüfung oder einer prüferischen Durchsicht des Jahresabschlusses deutlich abzugrenzen und umfasst folgende Mindestbestandteile:

  • Überschrift
  • Adressat
  • Art des Erstellungsauftrags und eventuelle Ergänzungen
  • Verantwortlichkeit der gesetzlichen Vertreter und des Wirtschaftsprüfers
  • maßgebende Rechtsvorschriften und vorgelegte Unterlagen
  • Hinweis auf die Einhaltung berufsständischer Vorgaben
  • Ergebnisse der Tätigkeit des Wirtschaftsprüfers
  • Datum, Ort und Unterschrift

Je nach Auftragsart umfasst die Bescheinigung zudem ein Urteil über die Ordnungsmäßigkeit der vorgelegten Unterlagen.

Erstellungsbericht

Ein Erstellungsbericht ist nicht obligatorisch, wird aber empfohlen und in der Praxis überwiegend auch umgesetzt. Sofern kein Erstellungsbericht mit dem Auftraggeber vereinbart wurde, hat der Wirtschaftsprüfer zu beurteilen, inwieweit die Bescheinigung über die oben aufgeführten Mindestbestandteile hinaus ggf. zu erweitern ist. Zu denken ist hier bspw. an Weitergabebeschränkungen oder an die Gültigkeit vereinbarter Allgemeiner Auftragsbedingungen.

Im Zusammenhang mit der Erstellung von Jahresabschlüssen werden Wirtschaftsprüfer*innen häufig beauftragt, zu bestimmten Bilanzposten des Jahresabschlusses vereinbarte Untersuchungshandlungen (Agreed-upon procedures) durchzuführen, z.B. eine Inventurbeobachtung der Vorräte oder auch eine Ermittlung von Finanzkennzahlen (Covenants) aus dem erstellten Abschluss. Hierbei handelt es sich um separate, mit Assurance verwandte Leistungen des Wirtschaftsprüfers. Wenn die Berichterstattung über die vereinbarten Untersuchungshandlungen mit der über die Erstellung des Jahresabschlusses verbunden wird, grenzt der Wirtschaftsprüfer die verschiedenen Aufträge dabei klar voneinander ab. Weil sich die im Rahmen eines Erstellungsauftrags zu erteilende Bescheinigung nur auf die Erstellungstätigkeit bezieht, werden bei Aufnahme in einen gemeinsamen Bericht die Feststellungen bezüglich der vereinbarten Untersuchungshandlungen eindeutig von denen der Erstellung getrennt, d.h. in einem separaten Berichtsabschnitt dargestellt.