TAX & Legal (Steuer- und Rechtsberatung)
In Deutschland wird die Steuer- und Rechtsberatung häufig mit den damit einhergehenden Berufsbezeichnungen Steuerberater und Rechtsanwalt verbunden. Aber auch Wirtschaftsprüfer*innen sind dazu befugt, ihre Auftraggeber in steuerlichen Angelegenheiten zu beraten und zu vertreten. Sie haben auf dem Gebiet der Steuerberatung dieselben Befugnisse wie Steuerberater. Bei der Rechtsberatung besteht für Wirtschaftsprüfer hingegen eine eingeschränkte Befugnis. In Angelegenheiten, mit denen sie beruflich befasst sind, dürfen sie auch die rechtliche Bearbeitung übernehmen, sofern es sich dabei um eine Nebenleistung ihres Berufs- oder Tätigkeitsbilds handelt.
WELCHE TÄTIGKEITEN UMFASST DIE STEUER- UND RECHTSBERATUNG?
STEUERBERATUNG
Wie der Steuerberater kann der Wirtschaftsprüfer Beratungsleistungen in sämtlichen Steuerangelegenheiten erbringen. Hierzu zählen z.B. die folgenden typischen Leistungen:
- die Aufstellung von Steuerbilanzen und sog. E-Bilanzen
- die Beurteilung steuerlicher Bilanzen
- Hilfeleistungen bei der Erfüllung von Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten
- die Erstellung von Steuererklärungen für Unternehmen (z.B. Einkommen-, Körperschaft-, Gewerbesteuer- und Umsatzsteuererklärungen) und für Privatpersonen (z.B. Einkommensteuer- oder Erbschaftsteuererklärungen)
- die Prüfung von Steuerbescheiden, um sicherzustellen, dass das Unternehmen nicht mehr Steuern zahlt als gesetzlich gefordert
- die Begleitung von Betriebsprüfungen
- Verhandlungen mit Finanzbehörden
- außergerichtliche und gerichtliche Rechtsbehelfsverfahren
- die Unterstützung in Steuerstrafsachen und Bußgeldangelegenheiten
Hinzu kommt die Beratung zu steuergestalterischen Aspekten, die bei fast allen unternehmerischen Entscheidungen zu beachten sind. Wirtschaftsprüfer unterstützen ihre Mandanten dabei, ihre wirtschaftlichen Aktivitäten mit Blick auf die steuerlichen Folgen ihrer Entscheidungen zu beurteilen und klären entsprechend ihrer rechtlichen Verpflichtung über zulässige Steuergestaltungen auf. Wirtschaftsprüfer können z.B. bei Unternehmensgründungen inkl. der Rechtsform- und Standortwahl, Unternehmenserwerben sowie zahlreichen weiteren Investitionsentscheidungen, Umstrukturierungen und Nachfolgeregelungen beratend tätig sein.
Darüber hinaus unterstützen Wirtschaftsprüfer*innen bei der Ausgestaltung, Implementierung und Prüfung von Tax-Compliance-Systemen, also bei der Festlegung von Maßnahmen, mit denen das Unternehmen die vollständige und zeitgerechte Erfüllung steuerlicher Pflichten sicherstellt.
RECHTSBERATUNG
Zur Rechtsberatung sind Wirtschaftsprüfer, sofern sie nicht auch als Rechtsanwälte zugelassen sind, nur eingeschränkt befugt. Sie dürfen die rechtliche Bearbeitung nur übernehmen, soweit es sich um eine Nebenleistung ihres Berufs- oder Tätigkeitsbilds handelt. Bei der Beurteilung, ob eine Rechtsdienstleistung durch den Wirtschaftsprüfer zulässig ist, kommt es also darauf an, ob die Tätigkeit überwiegend auf wirtschaftlichem Gebiet liegt und auf der Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange beruht.
Bei der Rechtsberatung unterstützen Wirtschaftsprüfer*innen Unternehmen z.B. bei
- der Wahl der Rechtsform des Unternehmens
- der (partiellen) Vertragsgestaltung bei Gründungen oder Umwandlungen,
- bei der wirtschaftlichen Vertragsgestaltung (z.B. von Versicherungs- oder Energieverträgen)
- der Fördermittelberatung.
WO LIEGT DIE ZUKUNFT DER STEUER- UND RECHTSBERATUNG?
ANPASSUNG STEUERLICHER RAHMENBEDINGUNGEN AN DIE NEUE „DIGITALISIERTE“ WIRTSCHAFT
Auch an der Steuer- und Rechtsberatung geht der globale Trend der digitalen Transformation nicht vorüber. Durch schnellere Gesetzgebungsverfahren, internationale Steuerreformen, die durch die Geschwindigkeit der Digitalisierung der Wirtschaft notwendig geworden sind, und damit einhergehende steuerliche Reportingpflichten wie das Country-by-Country-Reporting (CbCR; länderbezogene Ertragssteuerberichterstattung) ergeben sich neue Herausforderungen im Bereich der Steuerberatung.
Durch neue Prozesse und Strukturen in digitalen Geschäftsmodellen von Unternehmen steigt die Menge der relevanten Daten, welche zur Sicherstellung der gesetzlichen Compliance-Vorschriften von der Steuerabteilung zu berücksichtigen sind. Damit einher gehen neue Anforderungen an die Steuerabteilung, da diese häufig nicht mehr als reine Kostenstelle akzeptiert, sondern ihr eine neue Rolle als Geschäftspartner und Wertschöpfer zugewiesen wird. Aufgrund seiner umfassenden Kenntnis der steuerlichen Rahmenbedingungen und unternehmensinternen Prozesse ist der Wirtschaftsprüfer der passende Begleiter und „Sparringspartner“ für die Neuausrichtung der Steuerfunktion in Unternehmen.
DIGITALISIERUNG DER STEUERFUNKTION UND TAX-TECHNOLOGIE
Um die geschilderten, sich aus der Digitalisierung der Wirtschaft ergebenden steuerlichen Herausforderungen zu meistern, muss eine geeignete Strategie zur Digitalisierung der Steuerfunktion gewählt werden. Zentral ist die Entwicklung einer geeigneten Datenstrategie, die für mehr Transparenz und Struktur in den steuerrelevanten Daten sorgt. Die effiziente Nutzung der Daten erfordert den Einsatz innovativer Tax-Technologie-Lösungen.
Wirtschaftsprüfer*innen unterstützen die Unternehmen bei dieser notwendigen Transformation der Steuerfunktion. Dies gilt auch für die Implementierung (cloudbasierter) Plattformlösungen für datengetriebene Anwendungen, welche häufig sowohl die verwendeten Steuertools verknüpfen als auch eigene Funktionalitäten zur Unterstützung der täglichen Aufgaben der Steuerabteilung bieten.
WO LIEGEN DIE GRENZEN DER STEUER- UND RECHTSBERATUNG?
VERANTWORTUNGSVOLLE STEUERBERATUNG
Verantwortungsvolle Steuerberatung trägt dazu bei, dass das Steuersystem als Wechselspiel zwischen Steuerpflichtigen und Finanzbehörden funktioniert. Die Steuerberatung hat sich dabei immer in dem von Gesetzen bestimmten Rahmen zu bewegen. Verantwortungsvolle Steuerberatung umfasst keine aggressive Steuerplanung, die im Widerspruch zur Absicht der Steuergesetze steht. Wirtschaftsprüfer*innen beteiligen sich nicht an illegalen Steuerhinterziehungen. Wenn Wirtschaftsprüfer Verstöße seines Mandanten gegen steuerliche Vorschriften erkennen, haben sie darauf zu drängen, dass diese behoben werden. Im Zweifel haben Wirtschaftsprüfer den Auftrag niederzulegen. Dem Finanzamt darf er die Verfehlungen allerdings auf Grund seiner Verschwiegenheitspflicht grundsätzlich nicht anzeigen.
INTERESSENKONFLIKTE
Wirtschaftsprüfer dürfen außerdem nicht zwei Parteien mit widerstreitenden Interessen beraten. Dies wäre bspw. der Fall, wenn im Rahmen eines Unternehmensverkaufs sowohl verkäufer- als auch käuferseitig eine Beratung zur steuerlichen Gestaltung der Transaktion erfolgen würde. Sowohl der Verkäufer als auch der Käufer haben das Interesse, die Transaktion für sie steueroptimal zu gestalten. Dies wird i.d.R. nicht auf ein und demselben Weg für beide Parteien erzielbar sein, so dass hier Interessenskonflikte bestehen.
SELBSTPRÜFUNGSVERBOT
Prüfung und Beratung stehen sich nicht per se entgegen. Sie sind grundsätzlich vereinbar, soweit sie keine Sachverhalte betreffen, die später Gegenstand von Audit- oder Assurance-Leistungen werden. Grund für das Selbstprüfungsverbot ist die Befürchtung, dass Wirtschaftsprüfer*innen, die an der Erstellung der zu prüfenden Sachverhaltsinformation mitgewirkt haben, bei der Prüfung Fehler entweder nicht erkennen (fachliche Voreingenommenheit) oder diese nicht mit der gebotenen Klarheit offenlegen. Eine Beratung ist in der Regel unschädlich, solange Wirtschaftsprüfer*innen lediglich Handlungsmöglichkeiten und ihre Konsequenzen aufzeigen, die Entscheidung aber selbständig und eigenverantwortlich durch das Unternehmen getroffen wird.
BLACKLIST
Strengere Grenzen sind Beratungsleistungen des Abschlussprüfers von Unternehmen von öffentlichem Interesse (auch: public interest entities – PIE) gesetzt. Der Abschlussprüfer darf Nichtprüfungsleistungen, die auf einer sog. Blacklist enthalten sind, für das zu prüfende Unternehmen nicht erbringen. Seit der Verschärfung durch das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) umfasst diese Liste auch sämtliche Steuerberatungsleistungen. Abschlussprüfer von PIE dürfen weder Steuererklärungen für diese erstellen, Steuerberechnungen vornehmen oder sonstige Steuerberatungsleistungen erbringen. Die nicht auf der Blacklist geführten und somit zulässigen Beratungsleistungen sind zudem auf eine bestimmte Höhe des Honorars für die Abschlussprüfung begrenzt (sog. Fee Cap).